Als Düthe und Fresenburg eine Insel wurden
von Hermann Völker, Wasserbaumeister i. R., Lathen
Die königliche Kanal-Kommission in Münster, die dem Preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten unterstellt war, begann am 01. Juli 1889 mit der Planung des Dortmund-Ems-Kanals. Diese Kommission war zuständig für die endgültige Linienführung des Kanals und seiner technischen Bauwerke, den Kauf bzw. die Enteignung von Grundstücken und die Vergabe und Abnahme der Arbeiten. Bei der Strecke der kanalisierten Ems zwischen Meppen und Herbrum musste man ein Gefälle von 9,65 m bei Niedrigwasser überwinden. Da die Ems an vielen Stellen vorher nur eine Tiefe von einem Meter hatte, musste sie zur Realisierung der geplanten Fahrwassertiefe durch Wehre aufgestaut werden. Diese Wehre wurden so in Schleifen des Flusses gebaut, dass durch nahebei gebaute Umgehungskanäle, in denen sich die zugehörigen Schleusen befanden, der Schifffahrtsweg erheblich verkürzt werde konnte. Diese Umgehungskanäle (Kanal Düthe) sollten als Regelquerschnitt eine Wasserspiegelbreite von 30 m, eine Sohlenbreite von 18 m, bei einer Wassertiefe von 2,50 m haben.
Die über den Umgehungskanal gebauten Brücken mussten eine Durchfahrtshöhe von mindestens 4 m über den schiffbaren Wasserspiegel haben.
Nach erfolgter Planung führte in einem zweiten Schritt der Erwerb von Bodenflächen. In einigen Fällen kam es auch zu Enteignungen. Die Grunderwerbsbreite für Kanal mit Böschung und Leinpfad lag zwischen 44 und 100 m. Für Schleusen, Häfen, Beamtenwohngebäude usw. war ein Mehrbedarf an Bodenfläche nötig. Der Grundpreis lag hier im Emsland durchschnittlich bei 1.300 RM pro Hektar.
Im Jahre 1893 wurde mit dem Bau des Düthe - Fresenburger Durchstichs und seiner Bauwerke wie Schleusen, Wehre, Düker und Brücken begonnen. Zuerst nahm man die Erdarbeiten in Angriff,
die ausschließlich nur von Hand, mit Schubkarren und Loren getätigt wurden. Die beschäftigten Arbeiter, die diese schweren Arbeiten verrichteten, stammten zum größten Teil aus den Niederlanden und Polen. Die Arbeiter wurden nicht wie heute üblich von den Bauunternehmen angeworben, sondern sie kamen als sogenannte Selbststeller zu den Baustellen und fragten um Beschäftigung nach. Es meldeten sich mehr Bewerber als man für diese Arbeiten gebrauchte. Bevorzugt wurden ausländische Arbeiter wegen ihrer Belastbarkeit und wegen ihrer niedrigen Lohnansprüche. Etwa 65 % der Arbeiter waren Ausländer. Diese Arbeiter wohnten zum Teil in Baubaracken oder sie kamen bei den Bauern unter.
Wegen Frost und Schnee ruhte in den Wintermonaten die Arbeit und die Arbeiter kehrten dann in ihre Heimatorte zurück.
Die anfallenden Bodenmassen aus der Durchstichtrasse wurden an beiden Seiten des Durchstichs in den doppelten Deich und in den Rampen zu den Brücken verwendet. In der Emsschleife am Anfang des Durchstichs wurde ein Nadelwehr errichtet. Dieses Nadelwehr hatte eine Breite von 50,60 m und man konnte die Ems mit dem Wehr 2 m aufstauen. Am Ende des Durchstichs baute man eine Böschungsschleuse. Diese Schleuse hat eine Länge von 165 m, eine Breite von 10 m und eine Durchfahrtiefe von 1,60 bis 1,80 m. Außerdem wurde etwa 400 m von der Schleuse entfernt auf der Ostseite des Kanals eine Einlassschleuse gebaut. Diese Einlassschleuse, die mit sechs ziehbaren Schützen (Tore) ausgestattet ist, war hauptsächlich für die Bewässerung der Camperschen- (Gut Campe) sowie der Ahlener-Bodenflächen und Wiesen geplant. Eine weitere Aufgabe hat diese Einlassschleuse bei Hochwasser zu leisten. Bei einer bestimmten Wasserspiegelhöhe im Kanal, Oberpegel Schleuse Düthe, werden die Schützen dem steigenden Wasser entsprechend stufenweise gezogen, um die Ortschaften Lathen, Frackel, Hilter, Düthe-Fresenburg zu entlasten und zu schützen. Bei dem höchsten Hochwasser im Jahre 1946 hat dieses Bauwerk die Ortschaft Düthe vor einer Überflutung bewahrt. Noch heute wird in den Wintermonaten die Einlassschleuse bei Hochwasser betätigt. In der Zeit vom 01. April bis zum 31. Oktober werden bei Hochwasser die Schützen nur mit Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes gezogen.
Zur Überführung der Gemeinde- und Wirtschaftswege wurden drei Brücken gebaut, die Mühlen-, die Schwering- (Kluser) und die Schleusenbrücke.
Diese Brücken bestanden aus einer Eisenkonstruktion, der Fahrweg war mit Holzbohlen ausgelegt. Die Tragfähigkeit lag zwischen 6 bis 10 Tonnen.
Die Bewohner von Düthe-Fresenburg gehörten und gehören noch heute zum Kirchspiel Lathen St. Vitus. Die Menschen gingen an Sonn- und Feiertagen aber auch an Werktagen zu Fuß nach Lathen. Der Weg führte an der süd-östlichen Spitze Fresenburgs an der Ems entlang nach Lathen. Weil dieser Weg vom Neubau des Durchstichs unterbrochen wurde, baute man eigens für die Fußgänger eine leichte Brücke, den Fresenburger Steg.
Ebenfalls wurden zwei kleine Häfen für Düthe und Fresenburg angelegt.
Der Hafen Düthe lag zwischen der Schwering-Brücke und dem heutigen Grundstück Schwarte an der Düther Seite. Der Fresenburger Hafen wurde an der Mühlenbrücke, dort wo er sich auch heute noch befindet, angelegt.
Für die Melstruper Beeke wurde ein größerer Rohrdüker gebaut, um sie unter dem Durchstich zur Ems herzuleiten.
Nach Vollendung der Bauarbeiten konnte der Dortmund-Ems-Kanal am 11. August 1899 durch Kaiser Wilhelm II eröffnet werden.
An den Arbeiten zum Bau des Kanals und seiner Bauwerke beteiligten sich Arbeiter aus Deutschland, Holland, Russland, Polen und Italien. Durch diesen entstandenen Durchstich (Kanal) wurde die Ortschaft Düthe-Fresenburg zu einer künstlichen Insel.
Bild: altes Nadelwehr Düthe (Aufnahme von 1953)
Die weitere Entwicklung nach 1945
In den letzten Tagen des Krieges, im März 1945, wurden alle vier Brücken über den Düthe-Fresenburger-Kanal von deutschen Wehrmachtsangehörigen gesprengt. Durch die Zerstörung der Brücken waren die Einwohner von Düthe-Fresenburg vom Festland abgeschnitten. Nach Beendigung des Krieges richtete man einen kleinen Fährbetrieb ein. Mit Hilfe eines Holzfloßes konnten dann Personen übergesetzt werden. Dieser Fährbetrieb befand sich bei der Mühlenbrücke beim Hof Andrees. Fährmänner waren Bedienstete des Wasser- und Schifffahrtsamtes, Außenbezirk Lathen.
Nach einiger Zeit baute man an der zerstörten Mühlenbrücke einen provisorischen Holzbohlensteg, den die Menschen aus Düthe-Fresenburg zum Überqueren des Kanals nutzten.
Von den zerstörten Brücken wurde als erstes die Schleusenbrücke durch eine provisorische Holzbrücke ersetzt.
Diese Brücke bestand aus Baumstämmen, die mit Holzbohlen ausgelegt war. Über diese Behelfsbrücke konnten die Bauern zu ihren an der östlichen Seite gelegenen Felder und Wiesen mit Pferd und Wagen gelangen. Das Vieh wurde ebenfalls über diese Brücke zu den Weiden gebracht. In den darauffolgenden Jahren wurden auch die anderen Brücken erneuert und es herrschte wieder normaler Betrieb.
Im Jahre 1956 wurde das Nadelwehr Düthe durch ein modernes Klappwehr ersetzt. Die neue Schleppzugschleuse Düthe mit den Maßen 165 x 12 m wurde 1957 für den Schiffsverkehr freigegeben.
Ebenfalls begannen im Jahre 1956/57 die Planungen für die Verbreitung und Vertiefung des Düthe-Fresenburger-Kanals. Zunächst verhandelte man mit den betroffenen Anliegern über die Entschädigung für die benötigten Bodenflächen zur Verbreiterung des Kanals. Die Anlieger wurden durch Ersatzflächen bzw. mit Geld entschädigt.
Von 1958 bis 1960 wurde an der Verbreiterung und Vertiefung, sowie an den Bau von neuen Brücken und Hafen gebaut. Die Deiche konnten verstärkt und erhöht werden, damit sie eventuellen extremen Hochwassern standhalten. Die Brücken wurden dem heutigen Verkehr entsprechend gebaut. Der Fresenburger Hafen konnte zu einem leistungsfähigen, modernen Hafen ausgebaut werden.
Bild: Schleuse Düthe im Jahr 2004